
Dogma
Dogmen sind Grund-Sätze
Das Wort Dogma erinnert viele zuerst an die römisch-katholische Kirche, zum Beispiel an die Unfehlbarkeit des Papstes oder an das Dogma von der leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel.
Dabei heißt Dogma zunächst nur Meinung, Verfügung oder Lehrsatz. Meistens wird es im Sinne eines Grundsatzes benützt, über den Einigkeit besteht und über den man darum nicht immer wieder neu zu diskutieren braucht. Es gibt für alle Lebensbereiche viele solcher Grund-Sätze: Staatsgesetze, Geschichtserkenntnisse, naturwissenschaftliche Grunderkenntnisse wie die, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Das alles sind Dogmen, Lehrsätze.
Im Umkreis des Glaubens haben auch solche Grundsätze ihren Platz. So ist es ein Grund-Satz, dass wir uns zu Jesus Christus als unseren Herrn bekennen. Wir Christen glauben nicht an Dogmen, wir glauben aber auch nicht ohne Grund-Sätze.
Zwei unterschiedliche Bewertungen der Dogmen:
Bewertung 1
In der katholischen und in der orthodoxen Kirche, manchmal auch unter evangelischen Christen, werden Dogmen als unveränderliche Glaubenssätze verstanden. Wer ein richtiger Christ sein will, nimmt solche Dogmen als unbedingt gültige Grundaussagen der Wahrheit an und vertritt sie auch vor anderen.
Das Überprüfen von Dogmen, die kritische Auseinandersetzung mit ihnen gilt als Hochmut und Zeichen des Unglaubens und Ungehorsams gegenüber Gott, der solche Dogmen seiner Kirche durch das Wirken des Heiligen Geistes geschenkt hat. Darum kann auch nur die Kirche als ganze, das heißt die Zusammenkunft aller Bischöfe im Konzil, Dogmen neu deuten und erklären. Bei solch einer Versammlung kommt dem Papst als Bischof, der dem Apostel Petrus nachfolgt, ein besonderer Rang zu. Die Entscheidungen des Konzils sind dann unfehlbar, wenn es das ausdrücklich für sich in Anspruch nimmt. Das letzte große Konzil der katholischen Kirche war das „Zweite Vatikanische Konzil“ (beendet 1965).
Bewertung 2
In der evangelischen Kirche, manchmal auch in der katholischen Kirche, sind Dogmen nicht mehr als ein Versuch, die Bibel verbindlich für eine bestimmte Zeit und eine bestimmte Situation auszulegen. Jede neue Generation muss diesen Versuch für sich wagen; dabei wird sie mit Interesse auch das zur Kenntnis nehmen, was in früheren Zeiten gedacht und formuliert wurde. So sind zum Beispiel die Bekenntnisse der Reformation, die für viele verbindliche Lehrsätze enthalten, grundlegend für jede Zeit neu auszulegen und zu verändern. Denn all diese Lehrsätze sind Hilfen auf dem Weg, nicht das Ziel des Glaubens. Den Maßstab für die Veränderungen haben wir in unserem heutigen Verständnis der Bibel. Da sich das Bibelverständnis verändert, gibt es in der evangelischen Kirche auch keine unveränderlichen Dogmen. Ein Dogma darf weder an die Stelle Jesu Christi noch an die Stelle des Glaubens treten.
Die Evangelisch-lutherische Kirche Deutschlands hat 1975 einen „Evangelischen Erwachsenenkatechismus“ herausgegeben. Dies ist ein Versuch, die Lehre der evangelischen Kirche für unsere Zeit verständlich zu erklären. Jetzt gibt es davon die 4. Auflage und das Buch hat über 1.300 Seiten.
Lehre der Kirche und Glaube des Einzelnen
Gemeinsame Dogmen aller christlichen Kirchen sind das apostolische und das nicänische Glaubensbekenntnis. Das apostolische Glaubensbekenntnis sprechen wir im Gottesdienst. Die einzelnen Glaubensaussagen dieser Bekenntnisse werden in der evangelischen Kirche unterschiedlich interpretiert, sie haben großes oder nur geringes Gewicht (geringes Gewicht haben zum Beispiel die Einzelaussagen über die Jungfrauengeburt oder den Abstieg Jesu in das Reich des Todes). Weil diesen Einzelaussagen unterschiedliche Bedeutung beigemessen wird, kann auch kein fester Zusammenhang zwischen dem Einverständnis mit den Dogmen der Kirche und dem Glauben des einzelnen Christen hergestellt werden. Wir wissen, dass Dogmen keine unfehlbaren Zeugnisse der Wahrheit zu sein brauchen. Dennoch sind Grund-Sätze wertvoll für die Verständigung untereinander, zum Gespräch zwischen den Kirchen und vor allem zur Abwehr völlig irriger Ansichten.
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